Samstag, 30. Januar 2010

unseligerweise missverstandener Sozialismus

Peter Sloterdijk im Interview mit "NZZOnline":
"Ungleichheiten haben dort am stärksten zugenommen, wo sich der Staat am meisten einschüchtern liess. Bei uns ging das so weit, dass der Staat unter dem Druck der Ideologien seine Definition als Hüter des Gemeinwohls vergessen hat. Er stellte sich ohnmächtig und verlor seine effektive Definition aus dem Auge. Unseligerweise missversteht man den Sozialismus seit langem bloss als Parteiprogramm oder als soziale Bewegung, in Wahrheit ist der moderne Staat per se funktional sozialistisch oder besser semisozialistisch, so wie die moderne Gesellschaft per se kapitalistisch funktioniert. Aus der Verkennung dieser Sachlage durch die politische Klasse erklärt sich ein Gutteil der aktuellen Staatsschwäche."
Und, angesprochen auf die Zweifel so mancher Nobelpreisträger der Oekonomie, dass man in deren Fach mit einem herkömmlichen Begriff von Rationalität weiterkommen könne: "Wenn das so ist, würde ich dafür plädieren, dass sie die Nobelpreise zurückgeben, denn die wurden fast alle für Arbeiten vergeben, die auf rationalistischen Idealisierungen und mathematischem Bluff beruhten."
Was ungefähr so relevant für uns ist wie: Leute, Euer Gemeinderat weiss weder, dass er Euer Bestes zu wollen hat, noch, wie er das zu berwekstellen hätte, weil er auf allerlei Kurpfuscher, Zocker und aufgeblasene Betrüger hört, die selbst keine Ahnung haben.
Ja?
Ja.
Tja.

3 Kommentare:

  1. Tja, hm ja....
    zu den Nobelpreisträgern: vielleicht auch ein Signal des Wandels, wenn man nach jahrzehntelangem Forschen und Preise-überreichen den Sokrates in sich hört?
    Und zum modernen Staat: Ungleichheiten zu beseitigen, ohne dabei eingeschüchtert zu werden, hieße ja, die Lebensumstände derjenigen, denen´s schlecht geht, zu heben, ohne dabei denjenigen, denen´s gut geht, was zu nehmen. Sonst kommen ja wieder die Einschüchterungen, oder?
    Aber heben - wohin? Zum Glück? Und hergeben? Wovon? Vom eigenen Glück? Solange sich seine Bürger nicht ausreichend klar machen, was wirklich wesentlich ist und was verzichtbar und für´s gute Zusammenleben notwendig, kommt doch der Staat automatisch sofort unter Druck.
    Armer Gemeinderat..

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  2. Ja, ja.
    aber dazu werden Gemeinderäte usw, in Demokratien gewählt.
    P.S, hat das ja präzisiert: Die Gesellschaft ist kapitalistisch. (Was immer genau das ist, heute.)
    Der Staat aber hat für das Wohl aller zu sorgen = Gemeinwohl. Er hat aber nicht das Geschäft des Kapitalismus zu besorgen. Das machen die andern ganz gut.

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  3. ja, aber das ist ja der Witz - wenn ich´s richtig rausgehört habe, dann wurden ja die ganz großen Kapitalismus-Rettungs-Aktionen (gibt´s eigentlich kleinere auch?) mit der Argumentation, dies ja in erster Linie für´s Gemeinwohl zu tun, getätigt.
    Aber: wenn Staat und Gesellschaft zwei voneinander getrennte Einheiten sind und weiters Gesellschaft (frei nach P.S.) immer kapitalistisch ist, dann ist ja klar, dass ein regulationswilliger Staat diversen Einschüchterungen gegenüber steht, weil´s ja dann unfreiwillige "Verlierer" geben muss.
    Das heißt, da ist ja ein grandioser Widerspruch drinnen: die Gesellschaft ist kapitalistisch und will das so und trotzdem soll der Staat ausgleichen. Dies fordert aber wohl in erster Linie der Teil der Gesellschaft, der an den Fressnäpfen des Wohlstands zu kurz kommt. Gelingt es dann dem Staat, diese Balance herzustellen, werden die damaligen Freunde zu neuen Gegnern - denn ab dann hätten sie etwas her zu geben. Und weil in Demokratien gewählt wird, bilden dann wohl wieder neue Kräfte den Staat (in Österreich gab´s dazu im Jahr 2000 eine spektakuläre politische Konsequenz...)
    Ist letztlich der "Staat" nicht ein Spiegelbild der Gesellschaft? Oder anders: kann man beide wirklich von einander getrennt gegenüber stellen?

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