Sonntag, 31. Januar 2010

2,5 Millionen: welches Gewissen?

2,5 Millionen Euro will derjenige, der tausend Adressen von Steuerkriminellen dem deutschen Finanzminister anbietet - Deutsche, die das Steuersystem ihres Landes betrügen und das Geld in der Schweiz verwalten lassen.
Witzigerweise kamen die ersten moralisierenden Kommentare von den Verteidigungsministern beider Länder. Nach einigen Stunden nun werden RECHTSSTAATLICHKEIT, MORALISCHE SAUBERKEIT und KEIN-GELD-FÜR-DIEBE lebhaft durch die Medien gebrüllt.
Was meinen Sie?
Es gibt noch ein weiteres 2,5 Millionen-Ausrufezeichen in Deutschland:
Zweimillionenfünfhunderttausend Kinder leben in Armut. Der Staat könnte aus den vermutlich gestohlenen Daten rund 1.000 Millionen gewinnen.
Es geht also nicht darum, ob der Finanzminister eine gewissenhafte Entscheidung trifft, sondern welches Gewissen er wählt.
Zu unserer Gegenwart gehört, dass wir darüber ausreichend informiert sind.

Samstag, 30. Januar 2010

unseligerweise missverstandener Sozialismus

Peter Sloterdijk im Interview mit "NZZOnline":
"Ungleichheiten haben dort am stärksten zugenommen, wo sich der Staat am meisten einschüchtern liess. Bei uns ging das so weit, dass der Staat unter dem Druck der Ideologien seine Definition als Hüter des Gemeinwohls vergessen hat. Er stellte sich ohnmächtig und verlor seine effektive Definition aus dem Auge. Unseligerweise missversteht man den Sozialismus seit langem bloss als Parteiprogramm oder als soziale Bewegung, in Wahrheit ist der moderne Staat per se funktional sozialistisch oder besser semisozialistisch, so wie die moderne Gesellschaft per se kapitalistisch funktioniert. Aus der Verkennung dieser Sachlage durch die politische Klasse erklärt sich ein Gutteil der aktuellen Staatsschwäche."
Und, angesprochen auf die Zweifel so mancher Nobelpreisträger der Oekonomie, dass man in deren Fach mit einem herkömmlichen Begriff von Rationalität weiterkommen könne: "Wenn das so ist, würde ich dafür plädieren, dass sie die Nobelpreise zurückgeben, denn die wurden fast alle für Arbeiten vergeben, die auf rationalistischen Idealisierungen und mathematischem Bluff beruhten."
Was ungefähr so relevant für uns ist wie: Leute, Euer Gemeinderat weiss weder, dass er Euer Bestes zu wollen hat, noch, wie er das zu berwekstellen hätte, weil er auf allerlei Kurpfuscher, Zocker und aufgeblasene Betrüger hört, die selbst keine Ahnung haben.
Ja?
Ja.
Tja.

Freitag, 29. Januar 2010

Diktat der Ziele

Morgens las ich von einem Mann, den ich als völlig zielgerichtet erlebt hatte. Selbst beim Beginn eines Essens versuchte er, ein gemeinsames Ziel für dessen Dauer zu vereinbaren. Sein Ende war nicht leicht und geht uns hier nichts an.
Aber die Zielversessenheit tut's.
"Natürlich braucht der Mensch Ziele" ist wieder so ein Satz aus der Legobox für Organisationsfreaks.
Bei oder für was? Wann? Noch wichtiger: Wann nicht? In welcher Realität, bitte?
Und: Wie flexibel sind die Ziele? Sind sie scharf oder weich?
In einem Interview sagte vorgestern einer, der irgendwo für etwas Oekonomisches zuständig ist und zur Zeit in Davos mehr seiner Art trifft: Unser Ziel sind deutlich mehr als fünfzehn Prozent at the bottom line.
Keiner machte ihn darauf aufmerksam, dass Gewinn ein Ergebnis ist, kein Ziel.

Es gibt da eine sehr alte, strikt sexistische Geschichte bei Aristophanes. Der erzählte seinen Schülern von einem Bauern, der mittags im Schatten eines Baums döste, sich von einem kläffenden Hund gestört fühlte, ein Stück Olivenholz nach ihm schmiss, aber nicht sein Ziel, sondern seine Schwiegermutter traf - und murmelte: Auch gut.

Donnerstag, 28. Januar 2010

Entweder wir ändern uns oder

"Entweder wir ändern uns, oder der Wandel wird uns aufgezwungen"
sagte nicht dieser oder jene, die das seit Jahren sagen, sondern einer, der bisher durch Einsichten in den Wandel nocht nicht aufgefallen war - allenfalls durch Einsichten in den Wandel rückwärts: Nicolas Sarkozy.
Das äusserte er an der Eröffnung des 40. Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos, zu einer Reform des Weltwährungssystems aufrufend. Und las den Banken die Leviten.

:)

PS: Mir fällt grad noch ein, dass der genialische Stanislav Jercy Lee herausfand, dass Hochverrat eine Frage des Datums sei.

Mittwoch, 27. Januar 2010

alte Cousins

27. Januar 2010:
Heute sendet die BBC einen Film, der von Schimpansen gedreht wurde.

Die Pointen dazu sind offensichtlich: Big Brother, Darwins Rache, Niedergang der Kultur, TV Animal, etc., etc.

Die weniger offensichtliche Pointen?
Dass auch bisher jeder Affe mit aktuellen Kameras irgendwas drehen konnte? Billig, billig.
Dass mich das erst interessiert, wenn die mich casten?
Dass wir einfach mal warten, was daraus wird?
Wie geht es Ihnen damit?

Dienstag, 26. Januar 2010

BNP, die Statistik für Zyniker

Das Bruttonationaleinkommen, BNP, wird deswegen zitiert, herumgereicht, als Schlagwort-Argument geschätzt, weil es angeblich als Einkommensindikator einer Volkswirtschaft die wirtschaftliche Leistung an den Erwerbs- und Vermögenseinkommen misst.
Mehr BNP = alles ist besser, mehr Wohlstand beglückt die Menschen, das Land ist erfolgreicher. Das höhere BNP scheint ungeprüft besser, gibt mehr Recht, ist da und dort gottgefälliger.
Auch der Bestattungsunternehmer empfindet es als besseres Jahr, wenn er 1o Tote mehr von den Strassen in die Friedhöfe bringt. Er hat Recht, das BNP steigt. Allerdings werden die Hinterbliebenen seine Meinung nicht teilen. Und die Toten auch nicht, könnten sie sich noch äussern.
Robert F. Kennedy, ermordet vor 42 Jahren, sagte einmal, sinngemäss frei zitiert: Das BNP verzeichnet wirklich alles - bis auf das, was das Leben lebenswert macht.

Achten Sie auf die nächste Talkshow zur Wirtschaftspolitik.
Oder eben besser nicht.

Montag, 25. Januar 2010

Qualität ist Qualität ist was?

Brigitte Baetz schreibt in deutschlabdradio de über "Qualität im Sinkflug", meint den Jounalismus und erwähnt als ein Beispiel Lindsey Hoshaw, 27, Reporterin. Deren Geschichte über Müllberge im Meer druckte im November vergangenen Jahres die New York Times. Die Recherche dauerte einen Monat. Die wurde aber nicht von der NYT bezahlt, sondern von allerlei Bürgern. In dem Journalismusportal spot.us bat Lindsey zusätzlich um Spenden.
Kein sofawarmes Leben, aber grossartige Aussichten. Fast alle Verlage strippen ihre Redaktionen zur journalistischen Bulimie. Fast alle Komunen machen dasselbe mit ihren kulturellen Institutionen. Und die Eriehungs- und Ausbildungs-Institutionen? Dito.
Der Wandel am Beispiel-Modell Lindsay, einen Millimeter weiter getrieben:
Die Freunde des von der Nachricht getrennten Kommentars laden ein zum jährlichen Fundraising. Der Qualitäts-Zuschlag für Leute, die im Flieger eine richtig gute Zeitung lesen wollen. Die Mäzene der erstklassigen Blogs. Die tägliche Spende für Dein Ballett. Der Pastor / Pfarrer und sein Klingelbeutelportal. Das 300-Euro-Ticket für die absolut beste Shakespeare-Inszenierung des Jahres.
So völlig überraschend ist das ja nicht. Shakespeares Uraufführungen gab es im Hinterhof der Kneipe. In den grössten Teilen der Welt wird keine Steuer für eine Kirche durch den Staat einkassiert.
Was würden Sie denn lieber lesen, wenn überhaupt: eine ausgedünnte Tageszeitung, Praktikanten-Kauderwelsch und Resignationsgeklimper auf der Rückseite von Inseraten für kleines Geld - oder einmal in der Woche oder im Monat die verdammt beste Zeitung der Welt für richtiges Geld?

Sonntag, 24. Januar 2010

Zukunft des Buchs / 2

... siehe Kommentare zum gestrigen Post ...
Und wieviel Bäume werden abgeholzt für dummes Zeug? Oder kluges?
Die Tabletts (Mittwoch, genau)werden die Marketingprofis passend gestalten:
Die herzigen für Herzschmerz, die dunklen mit Blutstropfen für Follow-the-Money-Stupid, für geprüfte Ästheten die Retro-Bauhaus-Weiss-Grau-Variante.
Ein neues Buch eines geprüften Kulturpessimisten wird es geben. (Siehe Post vom 8.1.)
Die Familie kommt wie immer zusammen, plötzlich ist ein neues Mitglied da, sagt: Hallo,ich bin dann der Fax, andere werden ältlich und verschwinden dann - wo war noch Tante Polaroid und übrigens sieht der junge Fax schon ziemlich blass aus. Neues kommt hinzu und das Frühere wird nur dann bedroht, wenn es nicht mehr zeitgemäss ist.

Sehr viel wissen wir über die Evolution noch nicht. Aber doch, dass sie das Neue aus Fehlern entwickelt und unbedingt Fülle will und insgesamt belohnt.

Samstag, 23. Januar 2010

Die doppelte Zukunft des Buchs

Gundolf S. Freyermuth schrieb dreizehn Thesen zur Zukunft des Buchs:
"Seit der Jahrhundertwende - seit Napster, iTunes, Bittorrent - sind die gewachsenen Strukturen analoger Produktion, Distribution und Rezeption von Musik binnen kürzester Frist zerfallen. Neue, gänzlich digitale Praktiken haben sich ausgebildet. Dieselbe Entwicklung hat seit der Mitte des Jahrzehnts - seit YouTube - die audiovisuellen (Massen-) Medien erfasst."
Die Jahrhundertwende ist mal grad neun Jahre her. Nach dieser sehr kurzen Zeit ist sichtbar, wie rasch DAS BUCH sich verändert: Das Buch aus Atomen hergestellt, wird grossenteils abgelöst durch das Buch aus 0 und 1, das digitale Buch.
Wo und wie sonst noch geben wir die Atome zugunsten der virtuellen Nachfolger auf?
Wie erleben Sie das?
Wie digital leben Sie?
PS:
Der weltweit dominanteste Sektor, die sogenannte Finanzindustrie, hat sich von den Atomen längst verabschiedet, von dem, was man anfassen, riechen, sehen, hören kann.

Freitag, 22. Januar 2010

Es ist Heute

Ich traf mal einen Mann, der entweder in der Zukunft lebte (... wenn ich erst das xyz habe ...) oder in der Vergangenheit (... ich machte nur einfach xyz und schon war das Problem gelöst).
Wir waren beide der Meinung, dass etwas Gegenwart ganz praktisch sein könnte, wie das zu versuchen wäre und dergleichen.

Jahre später traf ich ihn wieder:
Voll gelungen, übrigens!
Was?
Gegenwart. Hab ich voll drauf!
Prima. Glückwunsch.
Woll'n Sie nicht wissen, wie?
Doch, gern.
Alles mit Klebezetteln. Wie Sie geraten haben.
???
Auf jeden hab ich geschrieben: "HEUTE! ist es". Und alle in der Wohnung verteilt, überall.
Wieviel denn?
Zirka zweihundert. Ich hab dann en gros gekauft.
Oh! Wie lange haben Sie das gemacht?
Fast sechs Jahre. Hat sich gelohnt.

Heute also.

Donnerstag, 21. Januar 2010

linksresignativ

Helene Hegemann ist 17, hat ein Theaterstück geschrieben, einen Film gedreht und jetzt bei Ullstein einen Roman - versuchshalber - auf die Menschen losgelassen: "Axolotl Roadkill".
Helene Hegemann ist unter anderem Sprachschöpferin. "Linksresignativ" nennt sie Menschen, die immer noch "Links" fühlen, aber daraus keine Kraft und keinen Willen mehr gewinnen, zu verändern.
Ich bin hingerissen.
"Rechtsresignativ" sind dann jene, die immer noch rechts fühlen, aber keine Kraft mehr haben, das Sytem auf Gestern zurückzudrehen.
Und "mitteresignativ" sind die Wedernochs, die Mittevergolder, die nicht mehr mitschwimmen wollen - in die Zeitgeist-Kläranlagen.
Welch anmutigen Wandel es gibt.

Mittwoch, 20. Januar 2010

Die Hoffnung MorgenHeute

In meiner letzten Ausstellung hatten wir eine Wand für Kinder reserviert, eine für Erwachsene: "Was hoffen Sie?", in vielen Sprachen, da das Publikum aus vielen Ländern kam.
Die häufigste Antwort, nur leicht variiert: Dass es morgen so wie heute sein solle.
Es gibt bestimmt Menschen, die daraus Seelenfrieden erkennen oder Bescheidenheit, Genügsamkeit,Beständigkeit.
Fast alle Malereien der Kinder waren entzückend. Natürlich.
Um Pablo Picasso zu variieren: Es ist leicht, mit drei Jahren zu hüpfen - aber mit Dreissig ...

Dienstag, 19. Januar 2010

Alte Männer sind gefährlich

meinte Albert Einstein mit dem Nachsatz: Ihnen ist die Zukunft ganz egal.
So, wie unsere (europäischen) Gesellschaften älter werden, wird es höchste Zeit, Albert zu ergänzen:
Einige ältere Frauen und Männer sind allerdings die gefährlichsten - diejenigen, denen die Zukunft keineswegs egal ist.
Diese Leute habe mindestens drei begeisternd riskante Fähigkeiten:
1. können sie frei hinsehen, da ihr Ego kaum noch etwas verdeckt.
2. haben sie schon viel mehr Fehler gemacht als Jüngere; das macht sie etwas toleranter, aber viel kritischer für besonders blödsinnige Ideen, Projekte, Paradigmen, Aufgeblähtheiten aller Art, einschliesslich der eigenen.
3. erwarten sie von sich selbst, dass sie nun endlich zur Sache kommen.

Was den Atem wirklich wert ist.

Montag, 18. Januar 2010

O Good Morning sweet ppl, be the change you wish to see in the world

Was machen Sie, wenn Sie eben Ihren Blog aufrufen, um eine Notiz über die Kommunikation im Wandel zu schreiben, nicht irgendwo sitzen, sondern auf einer Insel in genau derjenigen Gegend, in der Hermes seit tausenden von Jahren als Götterbote unterwegs ist, bekannt für seine schnelle, auch betrügerische Zunge, die gelegentlich unkontrolliert plauderte, was woanders in Unkenntnis der Zusammenhänge und des eigentlichen Patienten "Freudscher Fehler" genannt wurde, wenn all das ohnehin selbstverständlich ist, aber statt der geöffneten Website eine gänzlich unbekannte aufmacht und da steht ohne irgend etwas sonst an Text oder Bild:

Oh Good Morning sweet ppl, be the change you wish to see in the world

- was würden Sie dann tun?
Was machen Sie?
Sie hätten es veröffentlicht?
Ohne weiteren Kommentar?

Sonntag, 17. Januar 2010

Alle Ypsilons sind rehabilitiert

Dass unsere Erkenntnisse von heute die Irrtümer von morgen sind, wir wissen es. Und dieser Wandel geschieht manchmal plötzlich.
Einige Jahrzente gehörte es zum emanzipierten Spiel, zu behaupten, das Y-Chromoson sei nichts anderes als das Ergebnis eines langen Degenerations-Prozesses - zu besichtigen bei den kläglichen Zweibeinern, die männlich geboren wurden.
Jetzt, plötzlich! fand ein gewisser Zweibeiner, männlich, namens David Page mit seinen Kollegen heraus, dass im Gegenteil seit etwa sechs Millionen Jahren bei dem Y-Chromosom gross und heftig renoviert worden sei. Was leger gesagt heisst, die Träger dieses Chromosoms sind auf der Höhe der Evolution, topfit, gut zu brauchen für das, was jetzt gefragt ist.
Wie erfreulich. Gehen Sie hinaus, schauen Sie sich um: Da laufen sie, all die Lieblingssöhne von Mutter Evolution.
Im übrigen steht alles in "Nature".
Und morgen, irgendwann, werden wir dort lesen, dass im Licht der neuesten Erkenntnisse ...

Samstag, 16. Januar 2010

Apropos scheitern

Gestern abend probierte ich die Idee des letzten Blogs:
Wofür oder wobei würdest Du lieber scheitern?
Probiert habe ich das mit einem schweren Fall -
einem Mann, der seinen unablässigen Monolog für die grösste Geschichte des Universums hält.
Wer scheiterte, war nicht er, sondern ich.

Die Frage liesse sich beliebig erweitern:
Wenn morgen die Welt unterginge, würden Sie
a) al la Martin Luther ein Apfelbäumchen pflanzen ?
b) etwas beginnen, das ihnen wichtig ist und mit dem Sie scheitern werden?
c) etwas fertig machen, beenden, vollenden?

Ja, zugegeben, rein hypothetische Fragen. Bisweilen sind die ja erholsam, bei all den ernsten, notwendigen und Antwort erzwingenden Fragen, täglich, stündlich.
Was mich an die Geschichte von Getrude Steins letzter Frage erinnert:
Sterbend zu ihrer Lebensgefährtin Alice Toklas: Jetzt weiss ich die Antwort. Aber wie war die Frage?

Freitag, 15. Januar 2010

Profit für Alle

In "Profit für Alle" plädiert Norbert Bolz für einen neuen Geist im Kapitalismus.
Ein Herr Dr. Fuchs reszensierte das Buch. Abschliessend gestand er, es relativ positiv zu bewerten, weil er Bolz die gute Absicht abnehme.
Ja, grosszügig soweit - nur welche gute Absicht?
Dass alle ausreichend profitieren sollen?
Dass der Kapitalismus menschlicher werden müsse?
Verblüffend ist, dass solch schnellem und charmantem Denker wie Norbert Bolz nichts anderes einfällt. Er ist kein Oekonom und wäre damit frei genug, eine Geselllschaft vorzuschlagen, die eben gerade nicht oekonomisch bestimmt ist. Deren Werte vielfältig sind, aber nicht zuerst oekonomisch. Deren grosse Bilder, Geschichten und aktuelle Mythen nicht von Oekonomie handeln oder von Helden des Breakeven. Deren Systeme das ganze Leben befördern und, irgendwo in einem adäquaten Subsystem, unter anderem die oekonomischen Prozesse.
Angenommen, ab morgen früh ist Revolution. Sollte das eine sein, die ein gutes, volles Leben für alle will? Oder eine, die Profit für alle will?
Gut, vielleicht würden beide scheitern. Aber dann bleibt immer noch die Frage: Womit würde ich lieber scheitern?

Donnerstag, 14. Januar 2010

Stägeli uf, Stägeli ab

Was da in Schweizer Mundart gemütlich klingt, hiess bei Humphrey Bogart: Pass auf Deinem Weg nach oben auf, auf welche Sprosse Du trittst - auf Deinem Weg runter wirst Du sie verdammt nötig haben.
Was das mit dem Wandel zu tun hat? Viel. Viel, was den Kannibalsimus der Hierarchen betrifft. Die aktuelle Mode im Umgang mit benutzten Sprossen (alles vom Steigbügelhalter über den politischen Freund bis zum väterlichen Förderer)ist,
ihn zur Unperson zu machen. Das ist einfach. Beispiele täglich in den Medien.
Klug ist das nicht. Das ist dumm. Und das tut weh. Beispiele dafür ebenso laufend in den Medien.
Hinter der Dummheit frisst einen Mangel die mittelmässigen Hierarchie-Spieler auf: sie können nicht mit dem Wandel umgehen. Sie verstehen ihn nicht. Noch banaler: sie sehen ihn nicht. Was sie sehen, flimmert nur in ihrem eigenen Spiegel: sie selbst auf der Leiter. Natürlich nach oben. Wohin sonst?
Relevant für Ihr oder mein Leben ist eh nur, dass die Stägeli-uf-Stägeli-ab-Leistungsträger bei ihrem Unfug die Betriebs-und Volkswirtschaften schänden, die Gemeinschaft - also auch Sie und mich.
Zum Schluss einer, der wusste, wie man einem anderen den Weg nach unten ersparen kann. Kurt Marti, ein Schweizer, genau, lässt in einem Gedicht einen König nach der Schlacht allen Gefangenen Aufgaben zuweisen; bis er zu dem geschlagenen königlichen Gegner kommt. Beide sehen sich lange in die Augen. Draufhin der Sieger in Milde:"Tötet den!"

Mittwoch, 13. Januar 2010

Kriegserklärung Google : China

Google kündigte an, die bisherigen Vereinbarungen zur Zensur in China ändern zu wollen.
Es würde verhandelt.
Kriegserklärung nennen das heute tatsächlich drei deutschsprachige Zeitungen.
Krieg ist sehr anders. Und vor allem: Ist nicht das Wesentliche, dass durch die Headlines das eigentliche Ereignis verdeckt wird?
Erstmals werden der grösste Staat der Welt und das aktuell grösste Unternehmen des Kommunikations-Markts gleich gestellt.
Und einmal mehr wird sichtbar, dass auch die grösste staatliche Macht nicht beliebig mit diesem Unternehmen umspringen kann.
Wandel heisst auch, dass nicht die Kriege enden, sich aber ihre bisher bekannte Form wandelt. Kein Staat kann wirklich Kriege gegen Terroristen führen. Kein Staat kann Kriege gegen den Wandel führen, nicht gegen den Wandel der Kommunikation auf diesem Planeten, nicht gegen die Technik, nicht gegen die Dienstleister und schon gar nicht gegen die Teilnehmer der Kommunikation.
Was erwarten Sie?

Dienstag, 12. Januar 2010

Steve (der Wandel) Jobs

Für die Harvard Business Revue ist er der beste Spitzenmanager.
Was ungefähr so schmeichelhaft ist wie Albert Einstein zum besten Schnurrbartträger zu küren.
Er ist einer von Mutter Evolutions Lieblingskindern, weil er sich vllig dem Wandel hingegeben hat. Völlig. Immer. Mit allen Risiken.
Und mit allem, was er hat und kann. Dazu gehört, wie er jedes neue Kind dem Rest des Universums vorstellt: Er ist immer hervorragend vorbereitet, macht wenig Worte, aber viele Bilder, beherrscht die Dramaturgie wie ein Theater-Tier.
Auch das ist nur das, was man sieht. Was man nicht sieht, steckt vielleicht in diesem Bekenntnis Jobs:
"Ich will nicht als der reichste Mann sterben. Ich will eine Marke schaffen, die für etwas Sinnvolles steht, die begeistert und eine Mission vetritt."
Wandel. Eben.

Montag, 11. Januar 2010

Glück ist planbar

Der Satz steht als Überschrift in einem Bestseller.
Das ist die Sehnsucht nach Kontrolle, Gewinnen, Macht in einem Leben, das derartig zufällig ist, von so vielem abhängt, von so vielen Umständen und Menschen beeinflusst wird, sich ständig verändert, purer Wandel ist:planbar soll das Leben sein.
Wie wollen Sie Gefühle planen, beispielsweise?
Wie planen Sie jemanden ein, der zwar alle Gründe hat, mit Ihnen zu kooperieren, Sie aber nicht riechen kann?
Oder wie planen Sie, dass jemand, der jetzt ganz auf Ihrer Seite ist, keinesfalls morgen ganz woanders zu finden ist?
Wie planen Sie, dass diese oder jene von einer Ihrer
Ideen absolut überzeugt sein wird?
Wie planen Sie Ihren eigenen Mut, auch morgen gegen alle Wetten erfolgreich zu sein?
Wie planen Sie, gegen den Strom zu schwimmen?
Wie planen Sie, dass Sie auch morgen neugierig sein werden, inspiriert, ideenreich, schöpferisch?
Wie planen Sie, dass Sie durchhalten, wenn alle ganz woanders hin rennen?
Wie planen Sie, dass bei Ihrem grossen Auftritt im Freien gutes Wetter ist?
Wie planen Sie Glück? Freude? Faszination?
Charisma? Überzeugungskraft? Gelassenheit?

Sonntag, 10. Januar 2010

Krise: PLacebo, Illusion und Mamas Lüge

Gestern abend assen hier einige Menschen zusammen und gesprächelten sich zum Thema "Krise". Ab und an schaudernd. Etwas besorgt. Durchgehend zurückhaltend empört. Schliesslich der Trost: Sie ist ja bald vorbei, die Krise.
Genau.
Das heisst: genau falsch.
Das begann mit allen Mamas: "Wein nicht, das geht gleich vorbei und dann ist alles wieder gut". Es wurde nie wieder gut. Nie wieder so wie zuvor. Es wurde anders.
Woran sich ja nichts geändert hat. Auch nicht daran, dass wir immer noch hoffen, es würde doch ... irgendwie ... irgendwann.
"Krise" ist eine Illusion statt der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist Wandel.
"Krise" ist ein Scheinmedikament, ein Placebo. Das Placebo ist eine Lüge, die wir nur zu gern glauben.
Spätestens zu den Abendnachrichten werden wir sie wieder hören - von all den Mamas und Papas.

Samstag, 9. Januar 2010

Amsel als Coach

Auf der Terasse eines Hauses beobachtete ich einige Wochen ein Amselnest mit 3 Eiern, die zu kleinen krakelenden Bündeln wurden. Beide Eltern flogen den ganzen Tag, um die Schnäbel zu stopfen.
Eines Tages kam die Mutter wieder zurück, hockte sich auf einen nahen Strauch, tschilpte ihren Lockruf, einen fetten Wurm im Schnabel.Die Jungen antworteten nicht. Sie waren eine Viertelstunde zuvor ausgeflogen. Die Mutter wartete, tschilpte lauter, flog zum Nest.
Stille.Dann flog sie zurück zum Strauch.
Und frass den Wurm selbst.
Ich habe wenig Coaches erlebt, die mich so blitzartig erleuchteten.

Freitag, 8. Januar 2010

Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen

Es ist ja nicht so, dass Kulturpessimismus neu ist.
Amüsant ist, dass sich damit immer wieder
* individuell zu kurz Gekommenes auf alles andere projizieren lässt,
* für dergleichen leicht Zustimmung abgeholt wird und
* Kasse gemacht.
Mich erinnert das unter anderem an die Warnungen,
die anlässlich der Eröffnung der ersten Eisenbahn Nürnberg-Fürth
publiziert wurden:
wegen der rasenden Geschwindigkeit von ca. 35 kmh würden die Passagiere mit Sicherheit wahnsinning.

Donnerstag, 7. Januar 2010

Krise, was ist schon eine Krise ...

http://www.newsmap.jp ist eine nützliche Adresse, wenn Sie wissen wollen, was zu bestimmten Stichworten die Medien schreiben.
Heute sind das zu "Krise" vor allem:
* Kampf der Krise in der Koalition,
* Wie Seehofer die CSU-Krise weggrinsen will,
* CSU sucht Weg aus der Krise,
* unter ferner liefen: Warum Kopenhagen scheiterte.
Was passiert, wenn mittelmässige Untertanen Obertanen werden?
Genau das.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Angst der Untertanen?

Nahezu die Hälfte aller Deutschen fühlt sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise und deren  Folgen verängstigt, bedroht. Das sagt Wilhelm Heitmeyer, Soziologe in Bielefeld in seiner jüngsten Studie “Deutsche Zustände”.
Kopfnicken: ja, ist wohl so. Kopfschütteln: wie, wie nur soll das alles besser werden?
Fast die Hälfte oder mehr ängstigt sich auch vor Tod, Krankheit, Katastrophen, Krieg, Terrorismus.
Wie die Finanzkrise gemacht wurde, von wem, mit wessen Hilfe, ist allgemein bekannt.
Da haben gierige Gauner genommen, was sie kriegen konnten, betrogen, bis es nicht mehr ging. Und dann haben mittelmässige Politiker viel Geld geborgt, um das riesige Loch zu füllen. Dafür wurden und werden sie wieder gewählt. Das geborgte Geld haben die Wähler und ihre KIndeskinder zu zahlen.
Das war kein Tsunami, keine Lawine, kein Tornado. Das war nicht der unvermeidliche menschliche Tod. Das war nicht eine bösartige Krankheit, keine gefährliche Epidemie. Das waren (und sind) nur Gauner. Das waren (und sind) nur mittelmässige Politiker, die populistische Augenauswischereien schon für politisches Genie halten.
Und dennoch fühlt sich die Hälfte bedroht wie von einem Unglück, etwas Unabänderlichem, einer gottgegebenen Katastrophe.
Warum beugen sie ihren gläubigen Nacken?
Warum stehen sie nicht auf?
Warum gehen sie nicht auf das zu, was besser für sie wäre?